Ein Turm im Ried?
Einleitung & Empfehlung
Über den Bau des Turms im Wurzacher Ried wird am 19. Jan. 2025 per Bürgerentscheid abgestimmt. Diese Seite beurteilt die Argumente für und gegen den Turm anhand verschiedener Kriterien.
Der Verfasser ist gegen den Turmbau, und zwar aufgrund ...
- unvorhersehbarer Kosten
- schlechtem Standort
- Missachtung vom Naturschutz
- vermutlich nur geringem Aufschwung der lokalen Wirtschaft
Die folgenden Auflistung stellt ausschließlich die Meinung des Autoren dar. Sie orientiert sich aber zum Großteil an der Argumentation sehr vieler Bürger, die ihre Meinung im Rahmen des Bürgerbegehrens an die Vertrauensleute und Mitinitiatoren des Bürgerbegehrens herangetragen haben.
Ich würde mich freuen, wenn möglichst viele Personen diese Homepage als Grundlage nutzen, um sich eine eigene Meinung zu bilden.
Bitte stimmen Sie bitte mit J-A zur Aufhebung des Beschlusses, wenn die Argumente Sie überzeugen!
Die verwendete Fotos sind vom Autor und Bekannten erstellt, z.T. erweitert mit selbst (ab-)gemalten Modellen des geplanten Turms.
In der ursprünglichen "Vorhabenbeschreibung zur Planungskonkurrenz" vom 07. Juli 2020 hat die Stadt eine Budgetobergrenze von 750.000 € gesetzt.
In der Gemeinderatssitzung im Oktober 2020 fiel die Entscheidung für den Entwurf des Architekturbüros GMS Isny mit einer Kostenschätzung von 830.000 €. Hier darf man hinterfragen, ob diese Entscheidung legitim ist, wenn die Budgetobergrenze schon initial gerissen wird?
Für das Gesamtprojekt wurden damals 1,45 Mio € eingeplant.
Beim ersten Förderantrag lag die Kostenschätzung bei 1,868 Mio. €.
Aufgrund von neuen Schätzungen beliefen sich die geplanten Kosten im Mai 2023 bereits auf 2,723 Mio. €. Daraufhin stellte der Gemeinderat einen neuen Förderantrag.
In der letzten mir bekannten Schätzung vom Aug. 2024 wurde die Bausumme erneut erhöht auf einen Betrag von 4,0 Mio €... was abermals eine satte Steigerung bedeutet!
Assoziationen zu den Baukosten vom FlughafensBerlin Brandenburg liegen liegen nahe!
Wer hoch steigt, kann tief fallen
Ich nenne das geplante Bauwerk den „Ikarus-Turm“, weil der Gemeinderat zu hoch hinaus will und sich damit die Flügel bzw. Finger verbrennen kann.
Alternativ nenne ich ihn ein „vergiftetes Geschenk“, denn die Allgemeinheit wird für alle Kostensteigerungen beim Bau sowie die jährlichen Betriebskosten zur Kasse gebeten werden!
Kriterien zur Meinungsbildung
Kosten Turmbau
In den bisherigen Planungen sind die Kosten kontinuierlich gestiegen. Und aus privaten Bauvorhaben ist vermutlich den meisten Lesern der schaurige Begriff „Nachtragsrechnung“ bekannt. Daher erwarte ich im Laufe der Bauausführung auf bei diesem Projekt weitere Steigerungen in hohem Ausmaß.
Mögliche Maßnahmen der Gemeinde
Dies könnte Kürzungen von anderen Projekten oder Dienstleistungen zur Folge haben, z. B. weniger Winterdienst bzw. Vernachlässigung bestehender Infrastruktur. Eine unpopuläre Entscheidung.
Alternativ könnte die Gemeinde zusätzliches Geld durch die Erhöhung von Einnahmen generieren, also Steuern und Deckungsgrade bei Gebühren zu erhöhen.
Auf den Bürger kämen in diesem Fall sicher Mehrausgaben zu ... beispielsweise in Form von Erhöhung der Grundsteuer, Gewerbesteuer, Hundesteuer, Fremdenverkehrsabgabe, Feuerwehr Verrechnungssätze oder Kindergartengebühren.
Förderung
"Wollen wir etwa zugesagte Zuschüsse verfallen lassen …?"
Der Turmbau wird vom Land gefördert werden. Jedoch hat die Gemeinde die restlichen Baukosten selbst zu tragen sowie natürlich auch alle künftigen Kostensteigerungen.
Und auch Zuschüssen vom Land sind steuerfinanziert von uns Bürgern und sollten sinnvoll eingesetzt werden. Traurige Beispiele für Verschwendung von Steuergeldern listet das Schwarzbuch vom Bund der Steuerzahler auf!
Das bisher geflossene Geld ist eine sog. Voruntersuchung bzw. Machbarkeitsstudie, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Es ist daher kein verschwendetes Geld, sondern diente gezielt dazu, sich einen Überblick zu verschaffen und ggf. künftige unnötige Ausgaben zu vermeiden… Frei nach dem Motto „Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende“.
Denn selbst wenn wir „Geld geschenkt bekommen“, müssen wir mit den Folgen leben wie z.B. den Unterhaltskosten.
Unterhaltskosten und Betrieb
Die Unterhaltskosten werden 40.000 € pro Jahr veranschlagt. Hiervon müssen die Wartung des Aufzugs, der WC-Anlagen und das Auf-/Zusperren des Geländes bestritten werden. Ebenfalls die Pflege der Turmsubstanz.
Wie hoch ist der Aufwand für das Einsammeln von Müll zumal Abfalleimer im Naturschutzgebiet nicht erlaubt sein sollen? Was muss zur Pflege von Wegen, See und Freiflächen aufgewendet werden? Welche sonstigen Sachkosten entstehen, ggf. auch im Zusammenhang mit dem Haidgauer Torfwerk?
Eine Versicherung gegen Feuer und Vandalismus wird ebenfalls benötigt? Denn bei vielen ungeschützten öffentlichen Gebäuden sind die Spuren von Graffiti leider unübersehbar.
Diese ganzen Kosten müssen jährlich vom Gemeinde-Haushalt erbracht werden - alles in allem eine ziemlich stolze Summe.
Standort: Baumaßnahme
Der Bauplatz befindet sich mitten im Naturschutzgebiet auf dem ehemaligen Gelände des Torfwerks. In der bisherigen Diskussion wurde das Gelände „vorbelastet“ bezeichnet.
Aber was heißt eigentlich "vorbelastet"?
Das Gelände wird als "vorbelastet" deklariert (oder deklassiert?), um zu signalisieren, dass es naturschützerischer Sicht zweitklassig ist und einer neuerlichen Bebauung somit nicht im Wege steht?
Ich halte es jedenfalls für verwerflich, in diesem schützenswerten Areal für das Fundament mit einer Grundfläche von 12m x 12m (144 qm) rund 30 LKW-Ladungen voll Beton zu versenken.
Unser Mitbürger Herr Cordes beschreibt das Szenario in der Bildschirmzeitung sehr treffend als "geologisches Abenteuer".
Standort: Zugang zum Turm
Diese Voraussetzungen für den Besuch sind schwierig. Vom Restaurant “Wurzelsepp” kann ein Naturinteressierter entweder ...
a) zu Fuß laufen oder
b) mit der Torfbahn fahren
Der Fußweg ist eine circa 10 minütige Wanderung und für ältere Besucher anstrengend. Dies liegt am Untergrund, der einen trittsicherer Gang erfordert. Weiter ist der Weg nicht bei jeder Witterung begehbar, weil er oftmals unter Wasser steht!
Die Torfbahn wird vom Verein der „Bähnlesbauern“ betrieben und fährt bislang nur sporadisch zu bestimmten Anlässen bzw. auf Bestellung. Dadurch ist keine dauerhafte Versorgung für die Besucher gewährleistet. Auch gibt es noch keine belastbaren Absprachen mit dem Verein (Stand 10/2024).
Geplanter Standort
Alternativer Standort
Standort: Parken & Anbindung zur Innenstadt
Die Parkplätze am alten Schwimmbad sowie beim Wurzelsepp (das Lokal schließt leider zum Nov. 2024) liegen nicht in Laufweite zur Wurzacher Innenstadt.
Auch sind die Wege entlang der Hauptstraßen und durch das Wohngebiet nicht schön (Karten-Link). Dieser Streckenverlauf wird Touristen eher abschrecken, die Geschäfte oder Lokalitäten von Bad Wurzach zu besuchen.
Turm: Wartbarkeit & Kosten
Über das Aussehen des Turms kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Jedoch die Antwort von Bürgermeisterin Scherer, welche Kompetenz den Architekten auszeichnet „er hat den Wettbewerb gewonnen“, halte ich für völlig inakzeptabel.
Belastbarkeit der Schätzungen?
Schlecht erachte ich auch, dass nicht ein bestehendes Design wiederverwendet wurde. Dies hätte es erlaubt, sowohl die Kosten zu senken, sowie Rückschlüsse auf die dauerhafte Funktion samt Unterhaltskosten zu zulassen.
Warum das Rad neu erfinden?
Mit dem geplanten Neubau betreten wir absolut unbekanntes Terrain - insbesondere auf dem mooringen Untergrund. Dadurch gibt es nur eine äußerst geringe Seriösität in den Kostenschätzungen.
Wirtschaftlicher Nutzen
Business Case?
Es besteht die Hoffnung, dass die künftigen Touristen zum Aufschwung der Wurzacher Gastronomie und dem Einzelhandel beitragen. Die Zahlen der Gemeinde dafür sind jedoch nur grobe Schätzungen.
Bei täglichem Ansturm (365 Tage) erwarten wir 123 Besucher - auch bei Regen, Schnee, Nebel, Sturm usw.!?! Bei grob geschätzten möglichen schönen = max. 180 Tagen, müssten es 246 Besucher täglich sein. Ob von diesen Besucherzahlen vielleicht 20 % in die Stadt hineinkommen? Das wären ca. 24 bzw. 48 Personen pro Besuchertag.
Vergleich mit Standort "Ostracher Turm im Pfrungener Ried"
Zum Meinungsbildung habe ich den Ostracher Turm im Pfrungener Ried besucht. Dieser ist circa 5 km von Ostrach entfernt und wir sind mit dem PKW hingefahren und konnten 700m entfernt parken (Karten-Link). Da wir eh mit dem PKW dort waren, haben nach dem Besuch jedoch kein Lokal in Ostrach besucht, sondern sind zu einem Restaurant in Illmensee weitergefahren.
Auch ist nach meiner Recherche keine offizielle Evaluation in Ostrach durchgeführt worden, welche Auswirkungen der Turm auf die Region hat.
Weil der geplante Wurzacher Turm ähnlich schlecht zu unserer Innenstadt angebunden ist (Karten-Link), habe ich wenig Hoffnung, durch den Turmbau einen großen touristischen Aufschwung zu erleben.
Alternativen
Ein Standort des Turms im nördlichen Bereich des Kurparks wäre deutlich näher an der Wurzacher Innenstadt und würde einen ähnlichen Ausblick wie vom Torfwerk ermöglichen. Und Touristen hätten einen leichteren Zugang zur Wurzacher Gastronomie.
Ebenfalls sollte auch die geplante Höhe von 38m hinterfragt bzw. reduziert werden, weil deren Nutzen eher fragwürdig ist!
Letztlich birgt der Betrieb eines freistehenden Aufzugs durch die Witterung zusätzliche Risiken bzw. erhöhte Wartungskosten.
Von mir ein ganz klares N-E-I-N zum Turm in dieser jetzigen Konstellation!
Naturschutz
Wer kommt auf die Idee, einen „Rummelplatz“ in ein Naturschutzgebiet zu legen, wenn es alternative Standorte geben würde?
Der geplante Standort ist unter Natur- und Vogelschutzaspekten sehr kritisch zu bewerten, da er faktisch mitten in einem Naturschutzgebiet liegt. Durch Randeffekte (wie Verkehr, Lärm, Unruhe, Müll) werden im Bereich des Turmes und der Zuwegung weite Bereiche indirekt beeinträchtigt und fallen als Ruhe- und Fortpflanzungsstätten aus bzw. sind diesbezüglich massiv in Frage gestellt. Direkt davon betroffen sind streng geschützte Vogelarten wie Schwarzstorch, Silberreiher, Wespenbussard, Seeadler, Fischadler, Schlangenadler, Zwergohreule, die den Nahbereich des geplanten Turms als Durchzügler nutzen.
Insbesondere wird auch die Nestfindung empfindlich gestört, was zum Beispiel auf Baden-Württembergs aktuell einzige Kranichbrut direkten Einfluss hat. Ob es ausreichend sein würde, nur die ersten zwei Wochen der Brutzeit der Kraniche das Turmgelände geschlossen zu halten, ist mehr als fragwürdig.
Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes
Bad Wurzach hat es in das Schwarzbuch vom Bund der Steuerzahler (BdSt) geschafft. Leides ist diese Erwähnung kein Kompliment!
Denn der BsS recherchiert für uns Bürger jährlich über 100 Fälle der öffentlichen Verschwendung und macht diese im sog. Schwarzbuch publik. Die Ausgabe von 2024 prangert eine drohende Verschwendung von Steuergeldern in Millionenhöhe an:
"Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler handelt es sich bei dem geplanten Naturerlebnis- und Beobachtungsturm um ein Projekt, das in die Kategorie „Wünschenswertes“ fällt, aber sicherlich nicht notwendig ist. Die Stadt Bad Wurzach muss sich auch die Frage gefallen lassen, ob sie sich ein solches Projekt leisten kann bzw. ob sie hier die Prioritäten richtig setzt."
Fast vier Millionen Euro - und das für eine schöne Aussicht?
Der BdSt meint weiter:
"Der Bau eines Aussichtsturms für fast 4 Mio. Euro sollte nochmals überdacht werden, auch wenn die zugesicherten Zuschüsse des Landes verlockend sind. Genau dies ist nämlich das Problem: Das Land Baden-Württemberg sorgt mit seiner großzügigen Förderpolitik für Mitnahmeeffekte bei den Kommunen, für die letztlich die Steuerzahler aufkommen müssen.
Ausblick von Wengen / Grabener Höhe
Wer das Ried von oben betrachten will, fährt von Wengen (zwischen Haidgau & Unterschwarzach) nur ein Stück die Grabener Höhe hinauf in Richtung Osterhofen. Dort bleibt man an der wiederaufgeforsteten Waldfläche stehen und hat einen umfassenden Ausblick auf das Wurzacher Ried.
Wir empfehlen die GPS Position 47°55'35.5"N 9°50'44.1"E (siehe Karte) aufzusuchen, um sich selber einen Eindruck zu verschaffen.
Geplanter Standort
Selbst mit bloßem Auge lassen sich die unterschiedlichen Moorbereiche ohne Probleme unterscheiden (Foto: Stefan Hövel). Und das auch noch kostenlos! Dies ist auch ein beliebter Standort von Ornithologen, die von dort u.a. Brut und Aufzucht der Kraniche beobachten.
Es ist schon dreist, dass Turm-Befürworter (Reinhold Mall) eine Filmsequenz der Grabener Höhe zu präsentieren, die von Wengen aus gesehen hinter der Wiederaufforstungsfläche liegt. Denn es versteht sich von selbst, dass von dort aus das Ried kaum zu sehen ist. Wer auf solche Praktiken zurückgreift, um den gewünschten Standort des Turms beim Torfwerk zu begründen, diskreditiert sich eigentlich selber.
Und auch bei der Drohnenaufnahme am Torfwerk wäre der Blick schon aus 20m Höhe interessant gewesen. Dadurch ließe sich beurteilen, ob tatsächlich die komplette Höhe von 40m überhaupt nötig wäre?!
Fazit des Autoren
Sowohl der überdimensionierte Turm mit unabsehbaren Mehr- und Folgekosten, als auch der vorgesehene Standort im Naturschutzgebiet sind inakzeptabel!
Frau Bürgermeisterin Scherer hat in einer Gemeinderatsitzung zu Recht angemerkt, dass die Zukunft des Kurstandorts Bad Wurzach nicht an der Umsetzung dieses Turms hängt. Ich schließe mich uns dieser Einschätzung an und bitte Sie darum, beim Bürgerentscheid am 19. Januar für die Aufhebung des Turmbau-Gemeinderatsbeschlusses zu stimmen!
- JA zur Aufhebung des Beschlusses!
Versöhnliches
Wer gegen den Turmbau stimmt, stellt sich damit nicht grundsätzlich gegen die Arbeit unseres Gemeinderates und der Verwaltung, sondern will eine Fehlentscheidung zum Wohle unserer Gemeinde verhindern. Daher braucht sich ein Turm-Gegner auch kein schlechtes Gewissen einreden zu lassen!
das Trojanische Pferd ... und der Wurzacher Turm
Jedes ein vergiftetes Geschenk, auf das man besser verzichtet!
Presse und Veröffentlichungen
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Der Blick von der Grabener Höhe sagt alles - Bildschirmzeitung vom 28.10.2024
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Was man vom Turm alles sehen könnte - Bildschirmzeitung vom 25.10.2024
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Bericht SWR "Schwarzbuch 2024: Wo wird in BW Steuergeld verschwendet?" vom 09.10.2024
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Fast vier Mio. Euro nur für schöne Aussichten?
BdSt sieht üppige Zuschüsse kritisch schwarzbuch.de vom 09.10.224 -
Bund der Steuerzahler sieht das Projekt kritisch - Bildschirmzeitung vom 09.10.2024
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Der Turm ein Lockvogel für die Innenstadt? Das ist zu kurz gedacht - Bildschirmzeitung vom 07.10.2024
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Aus für beliebte Ausflugsgaststätte: Wurzelsepp schließt - Schwäbische Zeitung vom 03.10.2024
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Tendenziöse Berichterstattung - Bildschirmzeitung vom 03.10.2024
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Warum der Turm im Bad Wurzacher Ried eine Fehlplanung ist
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Dr. Roth führte durchs Ried zum Turmstandort